Anita Oswald - Die Neue Wirklichkeit

Bildhintergrund der neuen Wirklichkeit
EINE ZUKUNFTSVISION DER FRAUENREFERENTIN
der STADT BRUCK AN DER MUR
headerdieneuewirklichkeit
EINE ZUKUNFTSVISION DER FRAUENREFERENTIN
DER STADT BRUCK AN DER MUR
8Hintergrund die neue Wirklichkeit Bruck Mur
Hintergrund die neue Wirklichkeit Bruck Mur
Direkt zum Seiteninhalt
....STATEMENT....

ANITA OSWALD
Beschäftigte beim Verein FAB - Verein für Arbeit und Beschäftigung, Linz
Mein Name ist Anita Oswald und ich bin als jüngste von drei Töchtern in Bruck/Mur geboren und aufgewachsen. Meine Eltern waren selbständig tätig und ich lernte früh, dass Leistung wichtig ist, erlebte aber auch, dass es vor den Bedürfnissen der Familie steht. Da wir ‚nur Töchter‘ in einem Patriachat waren, mussten wir uns ‚doppelt‘ anstrengen, um zu zeigen, wie geschickt, klug und überall einsetzbar wir waren. Leider blieb die Anerkennung aus, vieles war einfach selbstverständlich und wir hatten so wie meine Mutter einfach zu funktionieren. Meine Mutter sagte wenig und arbeitete viel. Ich wollte jedoch nicht funktionieren, still sein, im Hintergrund leisten müssen, ohne die Anerkennung für meinen Beitrag zu erhalten.

Ich denke darin liegt diese mir innewohnende Kraft, sich für die Gleichstellung von Leistung so intrinsisch motiviert einzusetzen, damit jede Form der Leistung, auch die zur Zeit unbezahlte Arbeit eine adäquate Form der Anerkennung erhält. Aufgrund zahlreicher Gespräche mit Betroffenen, kenne ich viele typische Antworten und ‚vorgelebten‘ & ‚verinnerlichten‘ Haltungen von Frauen, die sinngemäß zum Ausdruck bringen: „Eine gute Frau schaut zuallererst, dass es den anderen gut geht.“

Es ist gar nicht einfach, sich aus diesem Rollenbildmuster weiterzuentwickeln. Erst in meiner Rolle als Mutter wurde mir bewusst, wie stark diese vorgelebten Muster in uns wirken und uns auch schaden können. Und doch bin ich meiner Mutter dankbar, dass Sie mir Pflichtbewusstsein und Durchhaltekraft vorlebte und mich somit prägte. Ich bin meinem Vater dankbar, dass er uns Mut machte, jedes nur erdenkliche Werkzeug in die Hände zu nehmen und sich selbst helfen zu lernen. Meinem ‚Leihopa‘ bin ich dankbar, dass er mich lehrte, dass Kraft wesentlich mehr mit Physik und nicht unbedingt mit Muskelkraft zu tun hat.
Für mein geliebtes Kind wünsche ich mir, dass er sich zu einem emanzipierten Mann entwickelt und seinem inneren Ruf folgen möge, in dem Vertrauen, dass er gut behütet ist.  
Heute erlebe ich große Freude und Genugtuung darin, mir bewusst zu sein, wie viel ich mit meinen Fähigkeiten, meinem Mut und meiner Kraft geschaffen habe und wohl noch werde. Vieles davon in der Gemeinschaft mit anderen Menschen. Am meisten bin ich darauf stolz, meiner inneren Stimme vertraut zu haben. Ich glaube, darin liegt auch mein Streben nach ganzheitlicher Gesundheit begründet, weil ich es als Verantwortung mir selbst gegenüber erkenne.

Mein innerer Ruf: „Das kann doch nicht alles sein, da gibt es sicher noch etwas anderes“, führte mich als Jugendliche in ein Internat mit einer guten Schulbildung. An meinen Wochenendbesuchen spürte ich bald, dass ich nicht mehr dazugehörte, weil ich ja eine bessere Schulbildung genoss, weil ich mich veränderte. Dieses Gefühl, nicht mehr dazuzugehören, da ich mir selbst treu sein wollte und ‚andere Wege‘ beschloss zu gehen, hat mich früh in meinem Leben geprägt. Ich denke es war Whoopie Goldberg die sagte: „Denn wenn es dir egal ist, was andere über dich denken, beginnt dein eigenes Leben“. Ganz so egal ist es mir nicht, was andere Menschen über mich denken, aber es hat sich relativiert. Ich versuche nicht den Erwartungen von anderen zu entsprechen, ich bemühe mich ein guter Mensch zu sein und vertraue meiner Intuition.  

Aus den schwierigen Herausforderungen kann man ja idealerweise große Stärken entwickeln, mit meinem heutigen Rückblick habe ich daraus meinen besonderen Zugang zum ‚Großen Ganzen‘, meiner Verbundenheit mit der Gemeinschaft trainiert und weiterentwickelt.

Bildung & Diversität war mir immer wichtig und ich habe das große Glück, diese Neugierde trotz widriger Umstände immer wieder in mir zu aktivieren und somit meine Sichtweisen stetig zu überprüfen. Ein weiteres Glück wofür ich dankbar bin, ist die Tatsache, dass ich mich freue, wenn ich wieder etwas von einer ‚Vogelperspektive‘ betrachtet, verstehen kann. Wie können wir uns eine Meinung ‚bilden‘, wie kann sich unsere nächste Generation eine ‚eigenständige Meinung bilden‘, und den Herausforderungen der Zukunft mutig entgegensehen? Wie können wir unsere ‚älteren Weisen‘ mit im Boot halten, damit sie da sind, wenn wir Menschen mit Erfahrung brauchen und ihr Wissensschatz für die Zukunft erhalten bleiben soll? Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass Bildung ein Katalysator zur Weiterentwicklung sein kann.

Ich bin zutiefst dankbar, meine berufliche Tätigkeit mit Freude ausüben zu können, aber auch die Entlohnung dafür zu erhalten, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. In meiner Arbeit für den Verein FAB begleite ich Menschen ‚auf neuen Wegen‘ zu Arbeit und Beschäftigung, bin aber auch in Projekten für benachteiligte Menschen sehr engagiert tätig.

Im Betrieb meiner Eltern arbeiteten viele Menschen aus unterschiedlichen Ländern, ich selbst habe einige Jahre in Afrika, England und Australien gelebt und gearbeitet. Heute bin ich für diese Haltung meiner Eltern dankbar, da Sie keinen Unterschied gemacht haben zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache, Bildung und/oder Religion. Ich wünsche mir, dass Gender & Diversitätskompetenz bei Betreuungspersonen ab der frühkindlichen Betreuungsbegleitung für unsere Kinder ‚normal‘ wird. Aus der langen, begleitenden Arbeit mit Mädchen und Frauen, aber auch Burschen und Männern ist klar erkennbar, dass die Berufswahl nach wie vor sehr stark vom Rollenbildverständnis der Eltern beeinflusst ist. Es wäre schön, wenn es ok für die Jungs ist, wenn diese empathisch sind und es auch leben können. Es ok für Mädchen ist, wenn sie sich der Technik, der Forschung, dem Handwerk widmen möchten.

Welche Zukunft haben wir als Gesellschaft, als Land Österreich, wenn wir zuerst darüber nachdenken müssen, ob wir uns Kinder noch leisten können?

Für mich gilt die Gleichstellung der Menschen als wichtige Ausgangssituation und die förderlichen Fragen können in die Richtung gehen: „Wie schaffen wir es als Gesellschaft, Menschen gleichzustellen?“

Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf! Lasst uns an den Dörfern arbeiten und geben wir unseren Kindern die Möglichkeit, sich zu ‚ent-falten‘, unabhängig und selbstbestimmt zu werden.

Zur Zeit plagen sich die einen mit einer beinahe „Bittstellerei“ um ein gerechtes Pensionssplitting, - die Frage wer bei den Kindern zu Hause bleibt ist eine ‚finanzielle‘ Kosten / Nutzen Rechnung und kaum jemand spricht über die Auswirkungen einer jahrelangen Teilzeitbeschäftigung aufgrund Kinder oder Pflegebetreuung mit einer Alterspension die das Zeugnis: ‚armselig‘ verdient.
Leider ist es wichtig, fortlaufend über ‚Frauenthemen‘ zu sprechen, wobei ‚Emanzipatio‘, die Selbstbestimmtheit aus der Abhängigkeit, die Freiheit und Gleichstellung der Menschen, dem in Wahrheit zugrunde liegt.

Es hat immer Menschen gegeben, die vieles in sich trugen, dies jedoch nicht zur Entfaltung kommen konnte. Dieses ungenützte Potential in einer Welt, in der Rechnungen bezahlt werden müssen und Geld als Zeichen der Macht anstatt als Austauschmittel genutzt werden, zeigt die Notwendigkeit der Gleichstellung von Rechte und Pflichten, vor allem in Familien, noch klarer auf.

Mir ist wichtig, dass Informationen und erlebbare Zugänge wie
 
           die Möglichkeiten der Berufswahl und deren nachhaltige Auswirkungen bei den Jugendlichen ‚normal‘ wird aber auch,
 
           dass die Wirtschaft miteingebunden wird, um gemeinsam Lösungen für ‚Familienarbeitszeiten‘ anzustreben, für die Menschen, nicht scheinbar nur für die Frauen.

In diesem Atemzug gilt es für mich zu erwähnen, wie wichtig die Frauen in Führungspositionen sind, damit diese die Bedarfe der Frauen in den Dialog einbringen können. Ein diverses Team mit einer guten Durchmischung - auch der Generationen - ist bekanntlich wettbewerbsfähiger, stärker und nachhaltiger. Es gibt genug Länder, in denen dies vorgelebt wird. Wir als Land, aber auch als Region brauchen diesen Vorteil, um vor allem für die Familien attraktiver zu werden und um als Gesellschaft, die immer älter wird, eine in sich starke Gemeinschaft zu werden.

Um Hilfe zu fragen, ist ein Zeichen von Mut und kann wunderbare Synergien entstehen lassen. Lasst uns mehr im Miteinander, in der gelebten Solidarität denken, danach sprechen und dann in einen Dialog gehen, anstatt von Mauern, Hass und Neid zu predigen.

Mein Name ist Anita Oswald, ich bin eine Frau, eine Naturliebhaberin, eine Mutter, eine Tochter, eine Schwester, eine Freundin, eine Kollegin und vor allem bin ich ein fühlendes menschliches Wesen. Ich wünsche mir, dass Frauen und Menschen im Allgemeinen sich eine ‚eigene und gebildete‘ Meinung machen und diese vertreten. Ich wünsche mir, dass Frauen sich vernetzen, sich gegenseitig stärken und fördern. Auch wenn wir noch nicht alles ‚perfekt‘ können, Chancen ergreifen, weil wir einen Unterschied machen. Ich möchte Frauen dazu ermutigen, sich ihrer Stimme bewusst zu werden und diese auch zu nutzen, anstatt zu schweigen und passiv zu sein. Indem wir von uns und unseren Bildern erzählen, kann eine andere Wirklichkeit im Dialog entstehen, die die Würde des Menschen, das Miteinander wieder in den Vordergrund stellt. Dann kommt die Leistung aufgrund der Potentialentfaltung divers und vermutlich nachhaltiger.

Anita Oswald, Beschäftigte beim Verein FAB - Verein von Arbeit und Beschäftigung, Linz
Zurück zum Seiteninhalt